24.07.2011

Salzarm gegen Bluthochdruck - nützlich oder gefährlich?

Leiden Sie an Bluthochdruck? Dann reduzieren Sie sicherlich fleißig das Salz in Ihrem Essen, richtig? Salz erhöht ja auch bekanntlich den Blutdruck und das wiederum ist ein Herz-Kreislauf-Risiko – eine Botschaft, die durch Fachgesellschaften schon seit über 30 Jahren glaubhaft kommuniziert wird und sich fest in unseren Köpfen verankert hat. Doch wie überzeugend ist die Datenlage tatsächlich? Aus Sicht der Wissenschaft steht diese weltweit etablierte Ernährungsempfehlung zumindest auf ziemlich wackeligen Beinen. Zwar zeigen kontrollierte Diät-Studien tatsächlich eine geringe Senkung des Blutdrucks durch salzarme Kost, allerdings nur bei salzempfindlichen Menschen, die etwa 40 % der Bevölkerung ausmachen. Ob dieser Effekt auch zum gewünschten Erfolg, nämlich zur Senkung der Sterblichkeit bzw. zu einer Verminderung kardiovaskulärer Ereignissen wie Herzinfarkt führt, ist fraglich. Es besteht sogar der dringende Verdacht, dass eine salzarme Ernährung bei Personen mit Herzinsuffizienz mehr Schaden anrichten könnte. Forscher fordern deshalb Langzeitstudien zum Erkrankungsrisiko, um die Gefahren einer salzarmen Ernährung besser einschätzen zu können. Die Aussage von Fachgesellschaften, dass die Senkung des Blutdrucks um 2-6 mmHg durch Halbieren des Salzkonsums etwa 150.000 Menschenleben pro Jahr retten könnte, bezeichnet der Kritiker und Wissenschaftler Dr. Morton Satin vom Salz-Forschungsinstitut in USA als statistische Manipulation, die nichts mit echter Wissenschaft zu tun hat. Was Fachgesellschaften verschweigen, so Satin, ist die Tatsache dass bei 20 Prozent der Bevölkerung durch Salzreduktion der Blutdruck leicht ansteigt. Der etablierten Salz-Bluthochdruck-Hypothese widersprechen zudem die Ergebnisse einer in 2010 erschienen amerikanischen Studie: Wer hätte es gedacht, aber trotz gleich bleibenden Salzkonsums ist die Anzahl der Bluthochdruckpatienten in den letzten 40 Jahren deutlich angestiegen. Damit wird klar, dass Salz nicht der Übeltäter sein kann. Einige Experten warnen vor zu strenger salzarmer Ernährung, da sie negative Folgen für die Gesundheit befürchten. Diese Warnung wird gestützt durch die Ergebnisse eines klinischen Experiments. Getestet wurden hierbei gesunde Menschen, die sich zunächst sieben Tage salzarm und anschließend sieben Tage salzreich ernähren mussten. Nach jeder Diät untersuchten Forscher den Grad der Insulinresistenz. Diese spielt eine Schlüsselrolle bei der Entstehung von Bluthochdruck, Diabetes, Fettstoffwechselstörungen und anderen Erkrankungen. Raten Sie mal in welcher Diätphase die Testpersonen schlechtere Karten hatten? Sie ahnen es sicherlich schon. Unter salzarmer Ernährung bildeten die gesunden Versuchskaninchen bereits nach 7 Tagen eine Insulinresistenz und zwar unabhängig vom Alter, Gewicht oder Geschlecht.

Fazit: Salz ist doch nicht so schlimm wie gedacht – zu wenig Salz dagegen kann sogar schädlich sein. Vielleicht naht jetzt das Ende einer salzarmen, geschmacklosen Zeit für Bluthochdruckpatienten. Das heißt aber nicht zwangsläufig, dass Sie in Zukunft, wie ein verliebter Koch, jede Suppe versalzen müssen. Und wer seinen Blutdruck effektiv senken möchte, der sollte nicht auf Salzreduktion setzen, sondern es mit mehr Gemüse, Omega-3-Fettsäuren aus fetten Fischen, Bewegung und gutem Schlaf probieren.

Literatur:

  • Bernstein, AM, Willett, WC: Trends in 24-h urinary sodium excretion in the United States, 1957-2003: a systematic review. Am J Clin Nutr. 2010 Nov;92(5):1172-80. Epub 2010 Sep 8.
  • Garg, R et al: Low-salt diet increases insulin resistance in healthy subjects. Metabolism 2011 Jul;60(7):965-8. Epub 2010 Oct 30.
  • Vortrag von Morton Satin auf dem National Press Club im Februar 2011: http://www.youtube.com/watch?v=OfDbJ2nsBmo





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